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Arbeit auf Abruf

Vielen Arbeitgebern ist das Konzept „Arbeit auf Abruf“ nicht sehr geläufig. Es wird zwar vielfach besonders im Bereich der geringfügigen Beschäftigung z.B. in der Gastronomie aber auch bei klassischen Hilfsjobs in der Industrie sehr häufig praktisch eingesetzt, meistens aber vertraglich schlecht bis gar nicht entsprechend geregelt. Mit fatalen Konsequenzen, wie sich regelmäßig leider erst viel zu spät herausstellt.

Die Arbeit auf Abruf ist ein in § 12 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) geregeltes und damit zulässiges Konstrukt, das es dem Arbeitgeber erlaubt, seinen Arbeitnehmer sehr flexibel je nach Arbeitsanfall einzusetzen. In § 12 Abs. 1 Satz 1 TzBfG heißt es hierzu: „Arbeitgeber und Arbeitnehmer können vereinbaren, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung entsprechend dem Arbeitsanfall zu erbringen hat (Arbeit auf Abruf).“ Im Arbeitsvertrag sollte dabei eine Mindestarbeitszeit und eine Maximalarbeitszeit geregelt sein, innerhalb deren Grenzen der Arbeitnehmer zur Arbeit abgerufen werden kann, aber nicht muss. Eine solche Regelung ist wegen § 12 Abs. 1 Satz 2 TzBfG zwingend erforderlich.

Es ist wichtig, den Arbeitsanfall klar zu regeln und hier keinen Fehler zu machen. Oftmals wird völlig sorgenfrei in den Arbeitsverträgen jedoch geregelt, dass der Arbeitnehmer „im Schnitt x Stunden“ eingesetzt würde obgleich er Arbeitnehmer manchmal gar nicht, meistens seltener als vereinbart eingesetzt wird. Eine solche Formulierung ist daher viel zu undeutlich und birgt zwei große Risiken.

Zum einen hat der Arbeitnehmer unter Umständen einen Anspruch darauf, mindestens in Höhe der durchschnittlichen Stundenzahl beschäftigt zu werden. Erfolgt sein Einsatz im geringeren Umfang, hat er unter Umständen Anspruch auf sog. Annahmeverzugslohn. Er kann verlangen, entsprechend seines Vertrages eingesetzt zu werden. Liegt ein Arbeitsangebot des Arbeitnehmers vor, das vom Arbeitgeber nicht abgerufen wird, muss der Arbeitgeber trotzdem den vereinbarten Lohn zahlen obwohl der Arbeitnehmer gar nicht gearbeitet hat.

Zum anderen folgt aus gerade diesem Umstand, dass Annahmeverzugslohn entstehen kann, die sozialrechtliche Problematik des sog. Phantomlohns. Denn für den Anspruch des Sozialversicherungsträgers kommt es nicht auf den Zufluss des Arbeitsentgeltes an sondern allein darauf, ob der Arbeitnehmer einen Anspruch hierauf hatte, § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB IV. Das bedeutet, dass der sozialversicherungsrechtliche Phantomlohn selbst dann entsteht, wenn der Arbeitnehmer seinen Annahmeverzugslohnanspruch gar nicht geltend gemacht hat. Und das für die letzten vier Jahre, § 25 Abs. 1 SGB IV. Das kann zu großen Überraschungen führen.

Schließlich ist die Urlaubsberechnung und ggf. auch die Ermittlung eines Urlaubsabgeltungsanspruchs eine besondere Herausforderung. Hier müssen im Zweifel Durchschnittswerte ermittelt werden.

Arbeit auf Abruf ist eine gute Lösung für all die Arbeitsstellen, die mit „Aushilfen“ zum Ausgleich von Leistungsspitzen besetzt werden sollen. Die unfallfreie Ausgestaltung eines solchen Arbeitsverhältnisses hingegen birgt einige Risiken und sollte durch Fachleute begleitet werden.

Martin Becker
Rechtsanwalt und Mediator, Winfried Becker & Partner, Lemgo